Über 100 Jahre und kein bisschen leise…

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Stehend vlnr: Bruno Pfeffer, Richard Diechle, Eugen Maier, Dieter Gaiser, Rolf Kurz, Edmund Bantle, Kuno Lamberth, Anton Köhle, Matthäus Bantle, Paul Imhof, Josef Roth, Werner Grunow, Johannes Imhof, Helmut Höflinger, Eugen Ruf – Sitzend vlnr: Johannes Zeder, Siegfried Buck, Alfred Heim, Oskar Pfeffer, Ewald Ebert, Hermann Vögele, Viktor Lauffer, Eugen Buck

Ein Rückblick auf unsere Vereinsgeschichte von Peter Brehm

Aus dem “Alpenrösle”, wie sich der Musikverein Epfendorf viele Jahre nannte, ist seit der Gründung im Jahre 1894 im Laufe der vergangenen Jahre ein prächtiger Rosenstrauß geworden: Wo immer die Musiker gastieren, werden sie zu einem Werbeträger für die rund 1900 Einwohner zählende Gemeinde am Zusammenfluß von Schlichem und Neckar. Solche musikalischen Schätze bleiben auf Dauer auch den Rundfunksendern nicht verborgen. Und so stürmte die Kapelle denn im April 1994 mit ihrer CD-Einspielung “Brasil“ sogar die “S4-Volksmusik-Hitparade” und ließ dabei manchen bekannten Volksmusiker alt aussehen.
So hatte der Verein denn auch allen Grund, auf sein Können stolz zu sein und sich anlässlich seines 100jährigen Jubiläums 1995 selbstbewusst zu präsentieren. Genaugenommen zählte der Verein damals schon 101 Jahre, doch da 1994 im Zeichen der 1000-Jahrfeier von Epfendorf stand, haben die Verantwortlichen das Fest um ein Jahr verschoben, getreu der Devise: »Aufgeschoben ist nicht aufgehoben«.

Erbe der Väter bewahren und weitertragen

100 Jahre Musikverein Epfendorf: Wenn ein Mensch dieses biblische Alter erreicht, so spricht man von einem erfüllten Leben. Anders ist dies bei der Musik, sie bleibt ewig jung. Für sie heißt es, auch bei der Auswahl ihres Repertoires, mit der Zeit zu gehen, denn Stillstand ist Rückschritt. Und dass man in Epfendorf mit der Zeit geht, das zeigt die breit-gefächerte Liedauswahl und das zeigen eine Vielzahl von Melodien, die Dirigent Martin Imhof im Laufe der Jahre neu arrangiert hat. Vom »mit der Zeit gehen« zeugt aber auch, dass sich immer wieder genügend Nachwuchsmusiker finden, die das Erbe der Väter bewahren und weitertragen.

Vom einstigen »Alpenrösle« bis hin zum Musikverein heutiger Prägung spannt sich ein weiter Bogen. Es gab, bedingt durch die Wirren dieses Jahrhunderts, manche Höhen, aber auch eine Reihe von Tiefen bis hin zum Stillstand, bedingt durch die beiden Weltkriege.

MVE_Geschichte_2Name Köhle eng mit Vereinsgeschichte verknüpft

Mit der Geschichte der Epfendorfer Musik ist der Name Köhle eng verknüpft. Kurz vor der Jahrhundertwende wartete Josef Köhle, Enkel des damaligen Epfendorfer Hauptlehrers und Kirchenchorleiters Kaspar Köhle, mit dem Gedanken auf, eine Musikkapelle ins Leben zu rufen. Eine Reihe von Bürgern waren dafür schnell zu begeistern, doch es fehlte das Geld, um die erforderlichen Instrumente anzuschaffen. In dieser Situation bewies Köhle, wie sehr ihm die Musik am Herzen lag: Er verkaufte kurzerhand eines seiner Grundstücke und schuf mit dem Erlös den Grundstock.

Auswärtige Termine dauerten mehrere Tage

MVE_Geschichte_3Viele Proben waren erforderlich, bevor sich die Musiker im Jahre 1894 – dem offiziellen Gründungsjahr – erstmals an die Öffentlichkeit wagten. Der Beifall ermutigte zum Weitermachen. Bald stand die Kapelle auch außerhalb der Gemeinde in so gutem Ruf, dass sie gelegentlich gleich mehrere Tage »auf Tournee« war. Dabei darf man allerdings nicht vergessen, dass das Auto gerade erst erfunden war und viele Dörfer keine eigene Bahnstation hatten. Was blieb also anderes übrig, als mit Pferdefuhrwerken und oft. genug auch auf Schusters Rappen dem Ziel »entgegenzueilen«? Als ersten Höhepunkt in der noch jungen Vereinsgeschichte verzeichnet die Chronik einen Auftritt im damaligen Gasthaus »Zum Bären« in Oberndorf, als man dem Baron von Neubronner zur Hochzeit aufspielte. Es ist nicht überliefert, welcher Marsch den Musikern anschließend zuhause geblasen wurde, denn sicher waren auch die damaligen Aktiven einem gelegentlichen Freitrunk nicht abgeneigt: Wer Musik macht, der wird schließlich auch durstig.

Von der losen Gemeinschaft zum Musikverein

MVE_Geschichte_4Den ersten tiefen Einschnitt brachte der Erste Weltkrieg. Viele Musiker mussten an die Front und mancher von ihnen kehrte nicht mehr zurück. Das Vereinsleben kam zum Erliegen. Auch nach Kriegsende dauerte es noch einige Zeit, bis in Epfendorf wieder Musik gemacht wurde. 1927 gar, stand man fast vor dem Aus. Die Kasse war leer, eine Schuldenlast drückte und auch die Aktiven waren nicht mehr in der Lage, finanziell in die Bresche zu springen. Im »Plocher« muss es damals heiß hergegangen sein, stand man doch vor der Entscheidung, die »Interessengemeinschaft« -mehr war man bis zu diesem Zeitpunkt nicht – aufzulösen, oder aber sich eine Satzung zu geben und künftig als Verein zu fungieren. An Auflösung dachte niemand, also gab es fortan einen weiteren Verein in Epfendorf: Der Musikverein „Alpenrösle“.

Kaum war der Verein dabei, sich vom »Rösle« zur »Rose« zu entwickeln, folgte ein weiterer Rückschlag: Der Zweite Weltkrieg brachte erneut alle Aktivitäten zum Erliegen. Wieder mussten Musiker ihr Leben lassen. So wie sich nach dem Krieg wieder alles normalisierte, so fanden sich auch wieder Musiker, um gemeinsam ihren Mitbürgern Freude zu bereiten. Der Probenbetrieb kam wieder in geordnete Bahnen und auch die ersten Auftritte ließen nicht lange auf sich warten. 1953, beim Österreichischen Bundesmusikerfest in Bregenz gelang es »gegen stärkste ausländische Konkurrenz«, wie der Chronist stolz vermerkte, einen zweiten Preis zu erspielen.

MVE_Geschichte_5Zu den weiteren Stationen der Vereinsgeschichte zählen das zehnte Kreismusikfest im Juni 1961, das 75jährige Jubiläum im Juni 1969, das 90jährige Bestehen im Juni 1984 und die Uniformweihe im Jahre 1988. Schmunzelnd lesen wir auf dem Plakat zum Kreismusikfest 1961: »9.30 Uhr Festgottesdienste, kath. auf dem Festplatz, evang. auf dem derzeitigen Sportplatz«. Von Ökumene redete damals noch niemand. Vergessen auch die Zeit, als wie beim 75jährigen Jubiläum im Festprogramm noch erwähnt wurde: »Wegen der Schließung der Bahnschranke um 13.45 Uhr am Butschhofweg muss der Festzug unbedingt um 13.15 Uhr abmarschieren.« Ein weiterer Höhepunkt des Vereinslebens war natürlich die Feier zum 100-Jährigen Vereinsjubiläum im Jahre 1995.

Nach über 100 Jahren zählt der Verein etwa 300 Mitglieder, darunter 37 Aktive. Tragende Säule ist natürlich die Kapelle selbst. Musik dominiert seit 1894 das Vereinsleben. Aus dem Gründungsjahr stammt auch der bis in die Gegenwart hinein gepflegte Brauch, alljährlich an Heilig Abend auf verschiedenen Plätzen im Dorf und in Talhausen aufzuspielen. Zu einer guten Musik gehört aber auch eine gute Vereinsführung. Und der Verein hat beides.

»Der Verein wird bemüht sein, das von den Vorfahren übernommene Erbe zum Wohle und besten Ruf der Gemeinde zu erhalten«: So stand es im »Festbändel« zum 60jährigen Bestehen des vormaligen »Alpenrösle«. Ein Spruch, der auch heute noch Gültigkeit hat: Zum Wohle, aber auch zur Freude der Gemeinde tragen die Mitglieder das musikalische Erbe der Väter in die Zukunft.

Wir danken an dieser Stelle nochmals Peter Brehm, der diesen Rückblick anlässlich unserer 100-Jahr Feier im Jahre 1995 geschrieben hat.